tekst po polsku

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

liebe Freunde!

„In unserer modernen Kultur des Wegschauens ist Begegnung nicht einfach. Sie verlangt nach Engagement.“ Diese Feststellung des polnischen Außenministers
a. D. Herrn Bartoszewski hatten wir nicht vor Augen, als wir im Sommer 1986 das erste Mal nach Polen reisten.

Die jungen Musikerinnen und Musiker des Schönberger Spielmannszuges wollten vielmehr Urlaub machen, sich erholen, Spaß haben und etwas Neues kennen lernen. Dass wir während unseres einwöchigen Aufenthaltes damals auch nach Sieraków gekommen sind, halte ich heute noch für eine glückliche Fügung.

Hier in Sieraków sind wir damals vom Jugendblasorchester der Glashütte Warta musikalisch empfangen worden. Und obwohl man der polnischen Sprache auf der einen, und der deutschen Sprache auf der anderen Seite nicht mächtig war, verband uns vom ersten Augenblick an eine universelle, eine grenzenlose Sprache: Die Musik.

Als musikalische Botschafter besuchten wir in den folgenden Jahren im Rahmen von Jugendbegegnungen mehrfach das jeweils andere Land. Die Unterbringung in Gastfamilien half uns, persönliche Kontakte aufzubauen und einen Einblick in das tägliche Leben des Anderen zu bekommen. Erste Freundschaften bahnten sich an, und haben vielfach bis heute Bestand.

Mit den Jahren wurde den Verantwortlichen klar: Begegnung bedarf in der Tat Engagement, um bestehende Kontakte zu pflegen und neue Initiativen zu ermöglichen. Aus dieser Erkenntnis heraus gründete sich 1993 der Förderverein „Schönberger Freundeskreis Sieraków“. Kurze Zeit später fanden sich in Sieraków  ebenfalls interessierte Menschen zu einer entsprechenden Organisation zusammen.

Gemeinsam wurden Jugendfreizeiten, Schüleraustausche, Ausstellungen, Konzerte und viele andere Aktivitäten durchgeführt. Manche davon haben sich zwischenzeitlich etabliert und finden regelmäßig statt. Andere, wie die Schulen in Sandesneben und Sieraków sowie die beiden Orchestern in Schönberg und Sieraków, haben sich ein wenig aus den Augen verloren.

Dass die Partnerschaft zwischen den Menschen in Schönberg und Sieraków nun bereits seit 25 Jahren mit Leben erfüllt wird, hängt in erster Linie von den handelnden Personen ab. Immer wieder haben sich in Schönberg und Sieraków und deren Umgebung engagierte Männer und Frauen gefunden, die für diese Sache viel Zeit und Mühe aufgewendet haben. Ohne die vielen fleißigen Helfer und Spender sowie die Unterstützung der kommunalpolitisch Verantwortlichen wäre dieses alles nicht möglich gewesen.

Ich denke dabei besonders an die Männer der ersten Stunde, denen es nicht vergönnt war, heute das 25jährige Bestehen der Partnerschaft mit uns zu feiern, und an die ich hier gerne erinnern möchte:

• Herrn Stanislaw Michalak, langjähriger Präsident des Jugendblasorchesters der Glashütte Warta;
• Herrn Zenon Busko, Stadtpräsident der Stadt Sieraków und
• Herrn Walter Ehlers, Bürgermeister der Gemeinde Schönberg.

Gerade unserem Bürgermeister Herrn Walter Ehlers, der als junger Mann noch die Schrecken des 2. Weltkrieges hautnah als Soldat miterlebt hat, war es ein Herzensanliegen, dass sich Deutsche und Polen miteinander aussöhnen. Er prägte zu Beginn dieser Partnerschaft die Sätze „Musik kennt keine Grenzen“ und „Lasst uns zusammen am Haus Europa bauen“.

Vieles hat sich seitdem verändert: Die Berliner Mauer fiel, als wir im November 1989 hier in Sieraków zu Gast waren. 1997 ist Polen der NATO beigetreten. Seit 2004 ist Polen Mitglied der Europäischen Union. Seit dem 1. Mai dieses Jahres gilt die Freizügigkeit für polnische Arbeitnehmer in allen Mitgliedsländern der Europäischen Union. Mann könnte meinen, dass wir mit dem Bau an unserem Haus Europa weit vorangekommen sind.

Und trotzdem geschehen zurzeit in Europa Dinge, von denen ich glaubte, dass wir sie längst überwunden haben: Nationalistisch orientierte Politiker schüren alte Vorurteile und bauen neue Ressentiments in der Bevölkerung auf. Bei aller Freude über das bisher erreichte rufe ich uns noch einmal den polnischen Außenminister Herrn Bartoszewski in Erinnerung: „Mangel an wirklichen Begegnungen ist der Nährboden für Vorurteile. Die schlimmsten entstehen dann, wenn Angehörige verschiedener Nationen wenig oder gar keinen Kontakt miteinander haben“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

wir haben allen Grund uns über die 25 Jahre währende Partnerschaft zwischen den Menschen in Schönberg und Sieraków zu freuen. Wir haben mehr erreicht, als ich es  zu Beginn der Partnerschaft für möglich gehalten habe. Darauf können wir wahrlich stolz sein und dafür danke ich allen von ganzem Herzen, die – in welcher Weise auch immer – zu diesem Erfolg beigetragen haben.

Die jüngsten Ereignisse in Europa zeigen uns aber auch, dass es bei weitem nicht ausreicht, das Haus Europa einmal zu errichten. Es muss vielmehr laufend unterhalten und bei Zeiten an der einen oder anderen Stelle auch einmal saniert werden. Darum bitte ich Sie, nein, fordere ich Sie vielmehr auf, in Ihren Bemühungen um die Partnerschaft zwischen den Menschen in Schönberg und Sieraków nicht nachzulassen. Unser Engagement wird weiterhin gebraucht!